1. Saatenstandsbericht für Sommergerste 2023 in Deutschland
Der Hauptaussaatmonat für Sommergerste, März 2023, war nach vorläufigen Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) der nasseste März seit 2001 und etwas sonnenscheinarm. Er steht damit im deutlichen Gegensatz zum März des Vorjahres, der als vierttrockenster und sonnigster seit Messbeginn im Klimaarchiv des nationalen Wetterdienstes ausgewiesen wird. Mit über 90 Litern pro Quadratmeter (l/m²) fielen fast 60 Prozent mehr Niederschlag als im Schnitt (56,5 l/m²) der Referenzperiode 1961 bis 1990. Damit dürfte der März 2023 der nasseste erste Frühlingsmonat seit 2001 gewesen sein. Der April schloss lückenlos mit wechselhaftem, kühlem und windigem Wetter an. Dabei wechseln sich kurze sonnige Abschnitte mit Schauern und sogar kurzen Graupelgewittern ab.
Diese Witterungsverhältnisse haben die Aussaat von Sommergerste stark verzögert. Im Rahmen der Frühjahrs-Beiratssitzung der Braugersten-Gemeinschaft e. V. in Bamberg haben die Vertreter der Landesvaterverbände für Braugerste aus den deutschen Bundesländern ihre Prognose für den Braugerstenanbau 2023 abgegeben. Die Flächenangaben beruhen noch auf Schätzungen, die sich auf Saatgutverkäufe und Expertenmeinungen aus den Regionen stützen.
Baden-Württemberg: die Anbaufläche wird auf dem Niveau des Vorjahres geschätzt (+/- 5 %). Gründe hierfür sind eine reduzierte Tier-, insbesondere Schweinehaltung und der daraus resultierende geringere Bedarf an Futtergerste. Rund 80 % der Fläche konnten bei guten Aussaatbedingungen bestellt werden. Aufgrund der Niederschläge und kühlen Frühjahrswitterung ist die Sommergerste gut aufgelaufen und hat gute Startbedingungen. Die Hauptsorten sind Amidala, Lexy und Avalon.
Bayern: der trockene und heiße Sommer 2022 führt zu einem höheren Futter- und Energiepflanzen- bedarf im Anbaujahr 2023. Folglich wird mit einer um ca. 5 % reduzierten Anbaufläche für Sommergerste gerechnet. Im Süden Bayerns sowie in Unterfranken konnten Mitte März viele Flächen bei guten Aussaatbedingungen bestellt werden. In Unterfranken, Schwaben und Oberbayern sind die Flächen zu 100 % bestellt. Aussaatverzögerungen gibt es im Norden und Osten Bayerns, so dass ca. 70 % der Gesamtanbaufläche gesät und gut aufgelaufen ist. Die Hauptsorten sind Amidala, Avalon und Lexy.
Mecklenburg-Vorpommern: optimale Bedingungen für die Herbstaussaat ließen die Flächen für Wintergerste und Raps anwachsen. Aufgrund eines höheren Futterbedarfs und steigender Anbaufläche für Mais wird eine reduzierte Sommergerstenfläche erwartet. Allerdings wird mit einem hohen Anteil Winterbraugerste und im Herbst ausgesäte Sommergerste gerechnet. Bis Mitte April konnte wegen der Nässe keine Sommergerste ausgesät werden. Es wird spannend, wie viel der geplanten Fläche für Sommergerste noch umgewidmet wird.
Niedersachsen: mit rund 25.000 ha Sommergerste bleibt die Anbaufläche in Niedersachsen relativ konstant. Dazu kommt noch eine stark gestiegene Fläche von Sommergerste in Herbstaussaat. Diese konnte unter guten Aussaatbedingungen bestellt werden, Kahlfröste haben jedoch bei über 50 % Aus- winterungsschäden verursacht. Diese Bestände werden durch Neubestellung mit Sommergerste oder Mais ersetzt. Der Aussaatfortschritt ist regional sehr unterschiedlich zwischen 20 und 80 %. Auch hier wird befürchtet, dass Flächen, die für Sommergerste geplant waren oder Umbruchflächen aus Auswinterungen mit Mais bestellt werden. Die Hauptsorten sind Leandra und Prospekt im Herbst und Lexy im Frühjahr.
Rheinland-Pfalz: mit rund 30.000 ha wird eine leicht steigende Anbaufläche prognostiziert. Insbesondere in den Höhenlagen ist die Aussaat stark verzögert. Im Herbst waren die Aussaatbedingungen perfekt, sodass sich die im Herbst ausgesäte Sommergerste wie auch Winterbraugersten sehr schön entwickelt haben. Die feuchte Frühjahrswitterung bedingt jedoch einen erhöhten Krankheitsdruck in diesen Beständen. Hauptsorten sind Amidala, Leandra und Lexy.
Sachsen: auf einer zum Vorjahr konstanten Aussaatfläche wurden bisher erst rund 20 % der Flächen bestellt. Die Böden sind nass und kalt. Vor dem Hintergrund der späten Aussaat wird maximal noch mit einer durchschnittlichen Ernte gerechnet. Die Umwidmung von für Sommergerste geplante Flächen wird befürchtet, wenn sich bis Anfang Mai kein Aussaatfenster für Sommerungen öffnet. Die Hauptsorten sind Amidala, Lexy und Solist.
Thüringen: insgesamt sind gut 75 % der geplanten Aussaatfläche bestellt und gut aufgelaufen. Im Thüringer Becken konnte die Aussaat zu 100 % abgeschlossen werden. Im Osten Thüringens führten starke Niederschläge und volle Böden zu erheblichen Aussaatverzögerungen. Langfristig wird mit einer steigenden Sommergerstenfläche gerechnet. Die Hauptsorten sind Amidala, Lexy, Jessy und Leandra. Im Herbst ausgesäte Sommergerstenflächen wurden teilweise durch Kahlfröste geschädigt und müssen umgebrochen werden.
Südbaden: trotz des begünstigten Klimas im südbadischen Raum, konnte aufgrund von Nässe auch hier erst zu 70 % ausgesät werden. Es wird mit einer Ausweitung der Sommergerstenfläche gerechnet. Die im Herbst bestellten Braugerstenbestände präsentieren sich gut und gesund. Hauptsorten sind Amidala, Lexy und Somerset.
Der aktuelle Saatenstand und die beschriebenen witterungsbedingten Unwägbarkeiten machen eine Gesamtflächenprognose für Sommergerste in Deutschland noch schwierig. Aufgrund der Auswinterungsschäden bei im Herbst ausgesäter Sommergerste ist die Flächenprognose auch dafür vage. Ursprünglich wurde mit ca. 50.000 ha gerechnet. Wie viel davon übrig bleibt und welche Flächen mit Sommergerste nachbestellt werden ist ebenfalls offen.
Quelle: BRAUGERSTEN-GEMEINSCHAFT e.V.
Weitere Informationen: www.braugerstengemeinschaft.de